Tag 1 auf dem Harzer Hexenstieg

Von Osterode nach Buntenbock

Ob das alles in den Rucksack passt?

Zahlen, Daten und Fakten

Länge der Wanderung: ca. 13km
Aufstieg: 450m
Abstieg:130m
Dauer der Wanderung: Ca. 5h mit Pausen
Erreichbarkeit: Mit dem Auto und der Bahn, solltet Ihr mit dem Auto anreisen, dann ist der Parkplatz “Bleichstelle” kostenlos, achtet nur darauf, ob zu eurer zeit Veranstaltungen sind, sonst wird es teuer wegen Abschleppen, vom Bahnhof ist es nur ein kleiner Fußmarsch zum Startpunkt und man kommt direkt am Sonderstempel für den Hexenstieg vorbei
Start- und Ziel: Bahnhof Osterode (für mich) und Ziel war die Pension Holl und Boll am Hexenstieg, der offizielle Startpunkt zum Hexenstieg ist der Großparkplatz “Bleichstelle” in Osterode
Wegbeschaffenheit: meistens Forst- und Waldwege, zu Beginn ein wenig Aspahlt
Highlights: Kiepenfrauen, Eselsplatz und das Mangelhalber Tor

 

Endlich startet das Abenteuer

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Endlich fährt ein Zug

Endlich ist es soweit. Endlich startet mein großes Abenteuer, meine erste Fernwanderung. Dank Corona musste ich den Hexenstieg bereits einmal schieben, aber heute geht es endlich los. Da ich ja jeden Tag den Ort wechseln werde und ich auch nicht so ganz einfach zum Startpunkt zurückkommen kann, habe ich mich dazu entschieden mit dem Zug anzureisen. Damit es auch nicht zu spät los geht möchte ich bereits um 8 mit der Bahn aufbrechen aus meinem Heimatort Wittingen.

 

Mama fährt mich netterweise zum Bahnhof, denn gelaufen wird die nächsten Tage schließlich noch genug. Wir kommen am Bahnhof an und ich warte geduldig auf meinen Zug, zumindest glaube ich das. Als 10 Minuten nach geplanter Abfahrtszeit immer noch kein Zug da ist, prüfe ich in der Deutschen Bahn App ob, er mal wieder Verspätung hat, aber da steht plötzlich Zug fällt aus. Na super. Immerhin ist Mama noch da und nimmt mich wieder mit nach Hause. Also erstmal kurzes Brainstorming und gucken, wie ich heute noch zum Startpunkt nach Osterode kommen kann, denn alle Unterkünfte sind bereits gebucht.

Beim Blick in die App wird mir zumindest angezeigt, dass der Zug eine Stunde später fahren soll und ich auch dann wieder direkten Anschluss in Braunschweig nach Osterode habe. Na immerhin fällt doch nicht alles ins Wasser. Also geht es kurze Zeit später schon wieder zum Bahnhof und diesmal fährt mein Zug. Die Anspannung fällt ab. Ziemlich erleichtert, aber auch irgendwie ganz schön müde, denn vor lauter Aufregung habe ich die letzte Nacht kaum geschlafen, geht es jetzt los. Mein Abenteuer beginnt. 5 Tage Harzer Hexenstieg. 5 Tage wandern, das erste Mal Fernwandern. Ich kann gar nicht beschreiben, wie ich mich fühle. Irgendwie kribbelt alles.

In Braunschweig läuft ein Glück alles glatt und ich bekomme direkt den Anschluss nach Osterode. Und während ich so im Zug sitze und aus dem Fenster schaue, bekomme ich plötzlich große Augen. Schnell das Handy aus der Hosentasche geholt und gecheckt, wo wir gerade sind. Wir fahren an Staufenburg im Harz vorbei. Eigentlich hätte ich es wissen müssen, denn der vorherige Halt war Seesen. Aber warum bekomme ich so große Augen und bin völlig geschockt. Ich fahre an der Stelle vorbei, an der ich mit 11 Jahren meinen Unfall hatte. Absturz aus 8m Höhe mit 6 verschieden Brüchen im rechten Fuß, diversen Prellungen und Schürfwunden, 2 Platzwunden am Kopf und eine schwere Gehirnerschütterung. Damals war nicht klar, ob ich jemals wieder laufen würde können aufgrund der multiplen Frakturen. Aber ich habe den Ärzten gezeigt, dass ich will und das ich kann und jetzt bin ich auf dem Weg zu meiner ersten Fernwanderung. Wahnsinn. Trotzdem wühlt mich die Situation sehr auf.

Kurz danach erreiche ich auch schon Osterode. Schon ab dem Bahnhof ist der Hexenstieg ausgeschildert und ich mache mich auf den Weg Richtung Buntenbock, dem Ziel der ersten Etappe. Schon der Altstadt von Osterode ergattere ich den ersten Stempel bzw. den Sonderstempel zum Hexenstieg.

Stempel? Ja genau im Harz gibt es die Harzer Wandernadel mit insgesamt 222 Stempelstellen an vielen Highlights im Harz. Ich sammel ja bereits seit Dezember fleißig Stempel und besitze das reguläre Stempelheft und auch für den Hexenstieg das extra Stempelheft. Um die Themennadel des Harzer Hexenstieges zu erreichen muss man 9 beliebige Stempel entlang des Hexenstieges und zusätzlich die HWN Nr. 69 und die HWN Nr. 140 im Begleitheft oder auch im regulären Heft erwandern. Für die Mitarbeiter der Touristeninformationen ist es natürlich leichter, wenn Ihr euch das Begleitheft holt, als wenn Sie sich durch das Große suchen müssen.

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Ankunft am Bahnhof von Osterode

Die Altstadt ist niedlich, aber trotzdem spute ich mich ein wenig, da ich nicht genau weiß, wie lange ich brauchen werde. Also nur schnell gestempelt und los geht’s. Am großen Parkplatz „Bleichstelle“ in Osterode ist das Startschild vom Harzer Hexenstieg. Natürlich darf das kategorische Startselfie nicht fehlen. Durchs Wohngebiet und stetig bergan geht’s Richtung Ortsrand. Endlich verlasse ich den Asphalt und tauche auf einer wie viele so schön sagen Waldautobahn in den Wald ein. Ich würde es eher als Feldweg bezeichnen aber, egal. Richtig bezeichnet heißt er Hundscher Weg. Hauptsache nicht mehr auf dem Asphalt laufen.

Kurz hinter Osterode erreiche ich auch schon das erste Highlight. Ein Denkmal für die Kiepenfrauen, oder auch liebevoll genannt Harzkamel. Die Kiepenfrauen haben früher bis zu 40kg schwere Kiepen mit allem möglichem befüllt quer durch den Harz getragen. Wahnsinn. Wenn ich bedenke, dass mein gut gepolsterter Rucksack knapp 12kg insgesamt wiegt. 40kg zu tragen, möchte ich mir gar nicht vorstellen. Man kann sogar ausprobieren die Kiepe anzuheben. Ich schaffe vielleicht 5cm. Einfach zu schwach.

Immer weiter geht es den Berg hoch. Nach knapp 4km erreiche ich den Eselsplatz, meine erste Stempelstelle Nr. 140 für den Harzer Hexenstieg. Da es mir hier so gut gefällt und ich sogar eine Bank mit Tisch finde beschließe ich hier meine erste Pause des Tages zu machen. Und vor allem erstmal zu frühstücken. Vor lauter Aufregung hatte ich heute Morgen so gar keinen Hunger. Die ersten 4km oder auch fast 5km haben sich gezogen wie Kaugummi. Ich kam irgendwie nicht so rein ins Wandern. Na hoffentlich ändert sich das noch. Denn so macht mir das Wandern gerade überhaupt keinen Spaß. Jetzt ist aber erstmal Pause. Ich genieße die Ruhe des Waldes und da höre ich doch Stimmen. Bisher habe ich noch keine anderen Wanderer getroffen. Kurze Zeit später tauchen Mutter und Sohn auf und er freut sich riesig. Denn für Ihn ist es der 11 Stempel und somit ist er Wanderprinz. Ich freue mich mit Ihm und gratuliere. Denn das ist schon eine Leistung und er ist erst 8 Jahre alt. Nachdem mein Frühstück verspeist und der Kakao leer ist, schultere ich meinen Rucksack und weiter geht’s.

Am Eselsplatz

Wenig später traue ich meinen Augen kaum, da steht doch tatsächlich eine Art Bilderrahmen mitten im Wald. Das Körnigs Eck. Ich mache kurz ein Foto und laufe weiter. Im Moment ziemlich parallel ohne große Steigung. Einen Kilometer später kommt für mich das absolute Highlight des Tages. Am Marienblick darf ich mich ins Harzer Hexenstieg Buch eintragen. Aber nicht nur das Buch ist ein Highlight auch die Marienhütte, der Ski Hang und ein Teich im Tal. Einfach ein traumhaftes Fleckchen Erde. Ich setzte mich kurz in die Hütte und blättere durch das Buch, bevor auch ich mich verewige. Wer alles schon den Hexenstieg gelaufen ist und was es teilweise für Geschichten sind finde ich super spannend, ich könnte noch ewig lesen, aber auch ein wenig Wegstrecke liegt noch vor mir, also Buch zurückgelegt und weiter geht’s.

Das Hexenstieg Buch
Die Kiepenfrau oder auch liebvoll das Harzkamel genannt

Das nächste Ziel ist das Mangelhalber Tor. Das heutige Mangelhalber Tor ist ein Nachbau, früher wurde das Gebiet mit einem ca. 20km langen Gatter beschützt, damit das Wild nicht in die Gärten oder Äcker eindringt. Die eingelassenen Tore ermöglichten den Zugang zum Wald. Auch hier mache ich nochmal eine kurze Trinkpause, denn das nächste Stück sieht anstrengend aus. Es geht noch einmal stetig bergauf.

Ich komme an mehreren Aussichtspunkten vorbei, dem Ackerblick, dem Antonsblick und dem Dorotheenblick. Zudem erhasche ich auch ab und an einen Blick auf die Sösetalsperre. Immer weiter bergauf über einen lang gestreckten Höhenzug „auf dem Acker“, also wer sich diesen Namen ausgedacht hat, komme ich auf dem höchsten Punkt der heutigen Etappe den Heidelbeerköpfen an. Endlich oben denke ich und genieße eine Gipfelpause. Kurz vor dem Ziel biege ich noch einmal für einen kurzen Stempelumweg nach rechts ab und Stempel den Nr. 138 Braunseck. Hin- und Zurück sind ca. ein Umweg von 1,5km. Also durchaus machbar so kurz vor dem Ziel.

Zurück auf dem Hexenstieg gehe ich nun auf dem direkten Weg nach Buntenbock. Kurz vor dem Ortsschild überhole ich zwei junge Frauen, diese sollte ich am nächsten Morgen beim Frühstück wiedersehen. In Buntenbock angekommen geht’s erstmal quer oder auch längs durch den Ort, je nachdem wie man es nimmt. In dem Moosholzweg biege ich nach links ein und stehe plötzlich vor einer Bergwiese. Ich fragte mich ob ich richtig bin und dann erinnerte ich mich an die Worte meiner Kollegin. Wenn du an einer Bergwiese stehst, da musst du gerade rüber und dann bist du richtig. Also ab über die Wiese…

In der Pension ist alles so liebevoll gestaltet

Am Ende der Wiese taucht meine erste Unterkunft für heute Nacht auf. Die Pension Holl und Boll am Hexenstieg. Ich werde erst vom lauten Hundegebell begrüßt. Ein Border Collie und ein Berner Sennen stehen bellend und mit dem Schwanz wedelnd am Zaun und beobachten genau, wo ich hingehe. An der Tür werde ich vom Herr des Hauses begrüßt mit den Worten: Wir haben geschlossen, wir haben einen Wasserschaden. Mir fällt glaube ich alles aus dem Gesicht. Und er bricht in schallendes Gelächter aus. Ja das mit dem Wasserschaden stimmt, aber mein Zimmer ist davon nicht betroffen und seine Frau käme gleich. Meine Güte bin ich erleichtert. Ich werde nur gefragt, ob ich erst nach 18 Uhr duschen könne, den für die Arbeiten habe er den Hauptwasserhahn abgeschaltet.

Die Gastgeberin begrüßt mich mit einem herzlichen Lächeln zeigt mir die komplette Pension, stellt mich den beiden Haushunden vor, die sich natürlich erstmal eine Streicheleinheit abholen. Ich gehe erstmal auf mein Zimmer und entspanne auf meinem Bett. Wenigstens kurz ausruhen. Denn ganz in der Nähe der Pension befindet sich der Stempel Kuckholzklippe Nr. 139. Diesen stempel ich auch noch in mein Heft, klettere noch auf den Aussichtsturm und sehe ein Teil des Weges den ich heute gewandert bin und dann genieße ich den Abend auf der Terrasse in der Pension. Die Gastgeberin hatte mir empfohlen den örtlichen Pizzalieferdienst fürs Abendessen zu bemühen, aber die haben Montag Ruhetag. Also gab es kalte Küche aus dem Rucksack und ich hatte zwei Gäste beim Abendessen. Wie sehr man ein Würstchen hypnotisieren kann. Herrlich, aber ich habe nicht geteilt. Nach einer Dusche falle ich erschöpft ins Bett und schlafe tief und fest durch bis zum nächsten Morgen.

Ich am Mangelhalber Tor

Fazit

Der erste Tag hat einige tolle Ausblicke und viel Steigung. Insgesamt geht es nur über breite Forststraßen, die super zu begehen sind. Das Hexenstieg Buch ist und bleibt mein Highlight des Tages. Die Geschichten anderer faszinieren mich sehr. Ich bin knapp 13 Kilometer gelaufen und das in knapp 4,5 Stunden mit einigen Fotopausen, dem kurzen Umweg zum Braunseck und immer stetig bergauf bin ich damit sehr zufrieden. Einige tolle Ausblicke gab es heute. Und an sich ist es auch sehr leicht zu wandern. Der Weg ist sehr gut ausgeschildert und immer wieder taucht die kleine weiße Hexe auf, sodass man sich nicht verlaufen kann. Tatsächlich war ich auf eine kurze Begegnung am Eselsplatz und am Braunseck komplett bis Buntenbock allein auf dem Hexenstieg unterwegs und ich habe die Zeit alleine wirklich sehr genossen. Gelungener hätte der erste Tag nicht sein können trotz der Schwierigkeiten bei der Anreise.

Die Tour findet ihr wie gewohnt bei Komoot

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